Review Crystal Palace – Scattered Shards
Nach 2 Jahren ist es endlich wieder soweit, das neue Album von Crystal Palace steht in den Startlöchern. Dank RSD Radio darf ich es vorab hören und rezensieren. Das Cover deutet es an, Scattered Shards wird es heißen und man darf sich auf 8 “zersplitterte Scherben” in Sinne von Songs freuen, die zusammengesetzt hoffentlich ein schönes Ganzes ergeben, aber fangen wir am Anfang an.
Das erste Mal gehört habe ich von dem geplanten Album im Januar 2017 auf einem AIDA Kreuzfahrtschiff mitten auf dem Ärmelkanal und zwar von kein geringerem als Frank Köhler, dem Keyboarder von Crystal Palace selbst. Damals war noch nicht klar, wer das Album abmischen sollte. Es standen mehrere zur Auswahl, man dachte an eine Art Wettbewerb, an dem auch ich teilnehmen sollte, eine Art Blind-Hörtest sollte darüber entscheiden, what ever. Da solche Wettbewerbe wohl eher verpönt sind, ist es nach ein wenig hin und her nun das Blackbird Studio geworden.
Die ersten Töne ertönen, der Opener Inside the box erklingt mollig mit einem schönen Piano. Die Stimme von Yenz fügt sich trocken ins Klangbild. Besser kann ein progressives Album kaum beginnen und progressiv ist es, das kann ich schon vorweg nehmen, auch wenn die Jungs von CP eher die Bezeichnung Artrock bevorzugen. Die Spannung im Verlauf des Songs steigt schön durch Backings und einsetzende Strings. Es zeichnet sich ein erster Eindruck ab, dass sich hier eher auf eine synthetische Klangerzeugung konzentriert wird.
Das bleibt zunächst auch beim Title-Track Scattered Shards so, der in einem progressiven 7/8 Takt startet. Der Einsatz der Gitarren und vor allem der Drums ab 2:30 irritiert mich ziemlich. Klanglich leider eher dumpf und breiig, wenig differenziert gemischt. Man könnte einen Teil dieser Einschätzung auf das mir vorliegende MP3 Format mit 192 kbit/s und konstanter Bitrate schieben, für einen repräsentativen Klangeindruck keinesfalls die beste Wahl. Der Song ist aber dennoch spannend arrangiert, ist unvorhersehbar und hat einfach sehr schöne Parts. Klanglich reißt er mich leider dann aber doch immer mal wieder heraus.
Inside your dream beginnt einfach nur schön, hier bemerke ich auch das erste mal einen Bass, sehr schön. Der Gesang erinnert mich etwas an Eloy, was keineswegs negativ zu verstehen ist. Man hört hier nur deutlich, dass Englisch nicht Yenz’ seine Muttersprache ist, aber auch bei Eloy hatte das einen gewissen Charme. Zur schönen Stimmung des Anfangs, findet der Song immer mal wieder zurück. Das ist nicht schlecht, sondern sinnvoll.
The logic of fear rockt ohne Ende, man geht direkt mit und fast 7 Minuten bleibt das auch so. Schöne Wechsel, schöne Breaks, Daumen hoch!
Der Song Craving ist genial, ein Artrocksong, wie er sein sollte. Ihm würde ein schrägerer Takt noch besser zu Gesicht stehen, die Vorstellung lässt mich etwas lächeln, zu progressiv für Crystal Palace? Müsste man mal erfragen, aber das ‘Verlangen’ nach mehr bleibt hier definitiv bestehen. Hier wird teilweise die etwas härtere Gangart Richtung Progressive Metal deutlich, auch wenn das seichtere Gemüt immer wieder eingefangen wird. Das passt schon!
Collateral ist musikalisch durchweg spitze, aber man muss sich immer wieder fragen, was beim Abmischen schief gelaufen ist und wieder ist es das Schlagzeug, welches sich einmal gut einfügt, dann wieder viel zu leise ist, dann auch mal zu laut. Man kann durchaus kreativ mit Lautstärken arbeiten, aber scheint mir hier ein Fehler vorzuliegen. Der Song selbst glänzt mit Tempi- und Stimmungswechsel, grundsolide.
SICI könnte sich direkt als mein Favorit herausstellen, er zieht mich in seinen Bann und lässt mich dieses Mal auch nicht wieder los, ich würde ihn als stimmig auf ganzer Linie bezeichnen, aber auch etwas eingängiger. Simply irresistable, cruel intensions soll SICI wohl heißen, mysteriös progressiv abgekürzt 😉 Die 6/8 Breaks zum Ende hin kommen absolut geil. 8 Minuten Sahnestück!
Outside the box ist dann quasi die logische Fortführung des Openers und steigert sich nun nachträglich noch zu einem ausgewachsenen Ganzen. Danke, Hammer!
Die Range des Gesangs ist mir über das ganze Album hinweg immer eine Portion zu schmal, viele der Songs hätten hier von einer breiteren Gesangsmelodie profitiert. Alles in allem ist das Album musikalisch aber durchweg stimmig, verfolgt eine klare Linie und ist konzeptionell gut umgesetzt. Klanglich muss ich leider sagen, kommt es nicht an das 2016er Album ‘Dawn Of Eternity’ heran. Man muss sich in dem Genre auch einfach mit Größen wie Riverside oder Airbag messen lassen und diese und CP spielen in komplett anderen Stadien. So Leid es mir für die Truppe auch tut, aber Schönreden bringt hier absolut nichts. Ich weiß, dass ein gutes Mixing immer auch Geld kostet, aber hier hätten sich vermutlich ein paar Taler mehr sehr positiv ausgewirkt.
Der Trackflow hingegen kommt gut so, wie er ist. Hätte das Album aber mehr als 50 min und 8 Titel gehabt, wäre mehr Abwechslung der Songs Pflicht gewesen. Ich würde hier 7 von 10 Scherben geben und das kleine Loch am Ganzen nach hinten drehen…
Tracklist:
- Inside the box
- Scattered shards
- Inside your dreams
- The logic of fear
- Craving
- Collateral
- SICI
- Outside the box
Line-Up:
- Yenz – Gesang und Bass
- Frank Köhler – Keyboards
- Tom Ronney – Drums
- Nils Conrad – Guitars